Einen Wissenschaftsblog zu betreiben kostet ohne Frage viel Arbeit und Zeit. Trotzdem gibt es da draußen einige Wissenschaftler*innen, die darauf richtig Lust hätten.
Allerdings wissen sie häufig nicht so recht, wie man denn nun einen guten Blogartikel über ein wissenschaftliches Thema schreibt. Gehörst du auch dazu?
Wenn ja, lehn dich entspannt zurück! Dieser Blogbeitrag wird eine Art “Crashkurs für wissenschaftliche Blogartikel”. Damit der erste Beitrag auf deinem Wissenschaftsblog richtig gut wird.
Wie Wissenschaftler*innen schreiben
Blogartikel funktionieren anders als wissenschaftliche Artikel. Die Struktur eines wissenschaftlichen Beitrags kennst du sicherlich in- und auswendig. Wenn du wissenschaftlich schreibst, gliedert sich der Text in folgende Abschnitte:
- Titel
- Abstract
- Einführung
- Methoden
- Ergebnisse
- Diskussion
- Fazit/Ausblick
- Referenzen
Darüber hinaus ist eine persönliche Perspektive oder sogar das Wörtchen “Ich” in einem wissenschaftlichen Paper nicht erwünscht. Dein Artikel ist voll von Fachtermini. Und in einer Art “wissenschaftlicher Geheimsprache” geschrieben, die meist nur Fachkolleg*innen verstehen.
Wie Blogger*innen schreiben
Blogartikel hingegen leben von der Persönlichkeit der Verfasser*in. Neben den eigentlichen Fakten (um die es natürlich auch in Blogartikeln geht) fesseln gerade persönliche Erfahrungen, Anekdoten und Geschichten mitten aus dem Leben deine Leser*innen.
In einem wissenschaftlichen Blogartikel ist es deine Aufgabe, diese Verbindung zwischen deiner Forschung und der Alltagswelt, den persönlichen Herausforderungen, drängenden Fragen oder den Emotion deiner Leser*innen zu schaffen.
Der Experimentalphysiker Sir Paul Callaghan soll folgenden Satz gesagt haben:
Telling stories, simply and clearly, is the means by which we connect science with humanity.
Ich möchte noch einmal auf die beiden Worte “simply and clearly” hinweisen. Formuliere deine Blogtexte so einfach wie möglich. Natürlich hängt es ein wenig davon ab, ob du dich mit deinen Blogartikeln an Fachkollelleg*innen oder die breite Öffentlichkeit wendest.
Aber im Grunde kannst du einen Blogartikel nie zu einfach und zu verständlich schreiben. Was dir dabei hilft, sind folgende Punkte:
- Erzähle Geschichten. Nicht nur Fakten.
- Schreibe kurze Sätze. Keine Schachtelsätze.
- Mach dazu lieber einen Punkt. Statt eines Kommas.
- Verwende Zwischenüberschriften, Absätze, Bilder, Zitate, Links. Keine Textwüsten.
- Schreib in aktiver Sprache. Keine passive Sprache.
- Formuliere knackig kurze Überschriften. Keine langweiligen und langen Überschriften.
- Bring Authentizität und Begeisterung in deine Texte. Keine Langatmigkeit.
- Schreib ca. 800 bis 1000 Wörter. Keine ultralangen Abhandlungen.
Und wenn du dich nun fragst, wie sieht so ein gelungener Blogartikel über ein wissenschaftliches Thema aus? Dann empfehle ich dir die folgenden Texte:
- “Ist meine Katze eine Keimschleuder?” auf dem Blog Mikrobenzirkus und
- “Woher die deutschen Namen für fremdes Gemüse kommen” auf dem Blog [di.tsvi.bl].
Crashkurs für wissenschaftliche Blogartikel: So gehst du vor!
Wie baust du nun deinen ersten wissenschaftlichen Blogartikel auf? Lass uns das Schritt für Schritt durchgehen.
Schritt 1: Schreibe eine starke Überschrift, die Aufmerksamkeit schafft
An der Überschrift hängt wirklich viel. Meistens entscheiden wir anhand der Überschrift, ob wir den Text ganz lesen.
Oder ob wir überhaupt auf den Link klicken, um zum Artikel zu gelangen. Bedenke das, wenn du beispielsweise deinen Blogtext in einem sozialen Netzwerk bewirbst.
Eine gute Überschrift, ist eine Überschrift, die Vorfreude aufs Lesen weckt. Und in der ich als Leser*in bereits einen Nutzen erkenne. Formuliere deine Überschrift daher wie ein Versprechen oder die Lösung eines Problems.
Ich habe vor einiger Zeit einen ganzen Blogartikel darüber geschrieben, wie du starke Überschriften formulierst. Dort findest du auch zahlreiche Beispiele.
Schritt 2: Formuliere eine überzeugende Einleitung
Die Einleitung ist der kleine Bruder oder die kleine Schwester der Überschrift. Du bist immer noch dabei, deine Leser*innen davon zu überzeugen, den gesamten Text zu lesen.
Halte dich daher kurz und knapp. Versuche, sanft in das Thema einzuleiten. Und die Spannung auf den Rest hoch zu halten.
Ganz gut funktionieren kleine Cliffhanger. Zum Beispiel eine Frage, die du erst im Laufe des Textes beantwortest. Oder du deutest an, dass du von deinen Erfahrungen mit Thema XY berichten wirst. Das macht Menschen neugierig.
Schritt 3: Erzähle im Hauptteil, was du erzählen möchtest
]Jetzt geht es um den eigentlichen Kern deines Artikels. Schreibe hier über die Idee, das Projekt, den Erfolg, das wissenschaftliche Ergebnis, das du mit dem Blogbeitrag kommunizieren möchtest.
Versetze dich dabei in deine Zielgruppe. Sprich sie direkt an. Beziehe sie sprachlich (durch Fragen oder das Wörtchen “du”) in den Text mit ein.
Überleg dir, wie du deiner Zielgruppe deine Botschaft vermitteln kannst. Und ihr gleichzeitig das Gefühl gibst, dass sie selbst einen Nutzen aus dem Artikel ziehen kann.
Strukturiere den Artikel gut. Bringe pro Absatz nur eine Idee unter. Im Grunde kannst du gar nicht genug Absätze machen. Häufig bietet es sich an, bereits nach drei Sätzen einen Absatz zu machen.
Und verwende ausreichend Zwischenüberschriften. Zwischenüberschriften sind Anker, an denen sich die Augen orientieren.
Schritt 4: Schließe den Artikel richtig ab
Manchmal macht es Sinn, beim Schreiben mit dem Fazit bzw. dem Schluss zu beginnen. Dann weißt du, in welche Richtung sich dein Blogtext im Hauptteil entwickeln muss.
Fasse am Ende die wichtigsten Punkte deines Textes noch einmal zusammen. Nimm Bezug auf die Einleitung. Stell deinen Leser*innen eine Frage. Oder sprich ihnen zu einem bestimmten Thema Mut zu.
Der Schluss deines Textes sollte aus dem gesamten Artikel eine Runde Sache machen. Richtig gut wäre es, wenn deiner Leser*innen an dieser Stelle das Gefühl bekommen, dass dieser Text sie auf die eine oder andere Art bereichert hat.
Echte Beispiele für Blogtexte von Wissenschaftler*innen
Was wäre ein Crashkurs für wissenschaftliche Blogartikel ohne authentische Beispiele?
Hier möchte ich dir ein paar Texte zeigen, die in den letzten Monaten in meinen Workshops entstanden sind. Geschrieben von Nachwuchswissenschaftler*innen unterschiedlicher Disziplinen, die das erste Mal gebloggt haben.
Aufgabe war es, eine Überschrift und einen Einstieg in einen Blogartikel zu einem Thema ihrer Wahl zu schreiben.
Beispiel Nr. 1: Wie mobilisiert Fridays For Future ihre Unterstützer in Zeiten von Corona?
Wenn der Protest auf der Straße nicht mehr erlaubt ist, ist die Gefahr groß, dass soziale Bewegungen wie Fridays For Future ihre Anhängerschaft verlieren. Um diesem Schicksal zu entkommen, setzen die Aktivisten aktuell auf neue, digitale Wege um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen.
In unserer aktuellen Studie haben wir Aktivisten befragt, was genau sie machen, um in Zeiten der Corona-Krise nicht an Bedeutung zu verlieren. Wie ändert sich eure Strategie? Welche digitalen Tools nutzt ihr jetzt verstärkt? Wie erfolgreich seid ihr damit?
Das sind nur einige der spanenden Fragen, die uns 352 Aktivsten aus verschiedenen Ortsgruppen bundesweit beantwortet haben. Erfahre hier mehr zu den zentralen Aussagen und wichtigsten Veränderungen zu der Bewegung Fridays for Future…
Beispiel Nr. 2: Warum habe ich Heuschnupfen?
Kaum lassen wir den Winter hinter uns und freuen uns über die ersten Sonnenstrahlen, da fängt auch schon die Nase an zu kitzeln und die Augen jucken. Wer das kennt, dem geht es so wie etwa 12 Millionen Deutschen, die unter Heuschnupfen leiden.
Je nachdem, um welches Allergen es sich handelt, beginnen die ersten Symptome bereits im tiefsten Winter, wenn ab Januar die Hasel blüht. Oder gehen bis in den Spätsommer hinein bei einer Allergie gegen Gräserpollen.
Doch was steckt eigentlich hinter dieser Überreaktion unseres Körpers? Spielen genetische Ursachen eine Rolle oder eher die Umwelt? Und hat es sogar Vorteile, unter einer Allergie zu leiden?
Diesen Fragen möchte ich heute nachgehen und dabei wie immer vor allem auf unser Immunsystem schauen…
Beispiel Nr. 3: Was passiert, wenn es kein Feedbacksystem gibt?
Feedback ist ein wichtiges Instrument, das dir hilft, die Ergebnisse deiner Arbeit zu verbessern.
Feedback bekommen, Feedback geben, Feedback als Tool integrieren: In diesem Artikel schauen wir uns an, was passiert, wenn es kein Feedbacksystem gibt und wie es uns gelingt die Power des Feedbacks möglichst auszuschöpfen…
Beispiel Nr. 4: 7 strategies to improve your language skills
As soon as I reveal that I am a neurolinguist, people say: “Oh great! Can you tell me how to make my brain learn language X?”
reply that I am not a certified teacher, but I can share how I managed to learn 5 languages…
Schreiben lernst du nur durchs Schreiben
Schreiben ist Übungssache. Auch bei Blogbeiträgen. Ich hoffe dieser Crashkurs für wissenschaftliche Blogartikel hat dich dazu ermutigt, es einfach zu versuchen. Falls demnächst ein Blogartikel von dir online geht, tagge mich bei Twitter oder Instagram und ich schaue gerne vorbei.